Donnerstag, 30. April 2015

Die Box

Nein, es geht nicht um ein Spiel mit diesem Titel oder einen Günther Grass Roman, es geht um die Skinner-Box, eine der problematischsten Spielemechaniken und Nummer eins der Verursacher, wenn Spiel und Sucht in einem Atemzug genannt werden können.

Was ist nun die Skinner Box? Der Name geht auf ein Experiment des Verhaltensforschers B.F. Skinners zurück, mit dem er Tauben und konditionierte, einen Hebel zu ziehen oder einen Knopf zu picken, um eine Belohnung zu erhalten. Der Clou an der ganzen Sache war, dass sie normalerweise diese Verhaltensweise nur zeigen, wenn sie auch das Ergebnis wollten, dass der Hebel auslöste. War die Belohnung also z.B. Essen, betätigten sie den Mechanismus nicht, wenn sie satt waren, aber sie konnten gar nicht mehr damit aufhören, den Mechanismus zu betätigen, wenn er nur zufällig wirkte.


Bild: CC Lizenzert, Von murdelta auf Flickr
Und dieses Prinzip wirkt auch beim Menschen. In seiner reinsten Form begegnet man ihm bei Glücksspielautomaten, aber er ist auch ziemlich offensichtlich bei anderen Spielformen. Dabei kommt es einem auf den ersten Blick so vor, je (mehr) „casual“ desto (mehr) „Skinner Box“, und dieser Trick wird oft auch bei Ingame Käufen angewandt. Man kauft kein Inworld Gold, man kauft ein Set an Karten, Kisten oder ähnlichem, die Aufgedeckt werden und zufällige (wenn auch insgesamt recht berechnebare) Inhalte bereit legen. Je abstrakter man es betrachtet findet man die psychologische Mechanik jedoch in fast jedem Spiel, angefangen bei nicht digitalen mit würfeln, Karten ziehen und in vielen digitalen Spielen in der Form von Loot (Beute) aus Kisten oder an Leichen. Selbst Shooter sind oft weit über logisches hinaus (wie Munition und Waffen von besiegten Gegnern) bestückt, um diesen Efekt stärker zu nutzen. So findet man neben zufälligen Mengen an Spielgeld, Lebensmitteln, Tränken und ähnlichem Spielrelevanten dann oft auch ganz bewusst nebensächliche „Sammelitems“.

Bild: CC Lizensiert, Von
Frédéric BISSON auf Flickr
Das alles macht die Skinner Box noch lange nicht zu einem billigem oder schlechten Element von Spielen, zwar ist jede neue Karte oder jeder Würfelwurf eine Anwendung, die meisten Spiele haben aber von dort ausgehend weitere Mechaniken, die mehr Taktik und können verlangen. Selbst wenn man zum Beispiel bei Poker gerne von einem Glücksspiel spricht, gibt es dennoch professionelle Spieler, die den taktischen Teil ausreichend für sich nutzen können, um auf Dauer auf der Gewinnerseite zu sein. Noch besser sind Spiele wie „Flipper“. Wer selten spielt, wird sich nicht nur daran erfreuen, den Ball im Spiel zu halten, sondern auch an den zufällig wirkenden punktgewinnenden Effekten auf dem Spielfeld, je mehr man aufgrund dessen jedoch spielt, desto mehr lernt man über die eigentlichen Mechaniken und wie man den Tisch „gewinnt“. Aus dem Reiz des Glücksspiel ist der Reiz des Lernens und der Stolz des Könnens geworden.

Macht man sich diesen „Exploit“, diesen psychologischen Cheatcode jedoch bewusst, kann einen das vor unsinnigen und teuren Süchten schützen, wie zum Beispiel Spielautomatensucht oder gigantische Ausgaben in „Free to Play“-Spielen.


Übrigens wirkt der Mechanismus nicht nur bei Spielen. Soziale Webanwendungen wie Twitter oder Facebook haben den selben Effekt, jeder erneute Aufruf kann, muss aber nicht, mit einem besonderen neuen „Leckerchen“ belohnt werden. Wenn also jemand unverhältnismäßig viel Zeit und / oder Geld in „Spiele“ oder das „Internet“ steckt, so ist selten der oft verdächtigte „Eskapismus“ Schuld – sondern oft ein natürlicher (aber deswegen noch lange nicht wirklich guter) Reflex.

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